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Berufsbild Datenschutzbeauftragter: Eine deutsche „Success Story“ mit Vorbildwirkung

 
Die Datenschutzgruppe nach Art. 29 der EG-Datenschutzrichtlinie hat am 18.01.2005 das Arbeitspapier WP 106 verabschiedet. Dieses enthält einen Bericht über die Verpflichtung der verantwortlichen Stellen zur Meldung an die staatlichen Kontrollstellen. U. a. wird auch die bestmögliche Nutzung von Ausnahmen oder Vereinfachungen im Bereich der Meldepflicht erörtert. In diesem Zusammenhang wird ausführlich auf die Rolle des betrieblichen bzw. behördlichen Datenschutzbeauftragten unter Heranziehung internationaler Erfahrungen eingegangen.

• Das deutsche Modell
Die Art. 29-Gruppe stellt in dem Arbeitspapier fest, dass die in der EG-Datenschutzrichtlinie vorgesehene Möglichkeit der Bestellung betrieblicher Datenschutzbeauftragter als Alternative zur herkömmlichen Meldepflicht im Wesentlichen durch das deutsche Datenschutzrecht inspiriert gewesen ist. Diese Option haben nach den Ausführungen der Gruppe bislang folgende fünf EU-Mitgliedstaaten in ihren Datenschutzgesetzen verankert: Deutschland, Niederlande, Schweden, Luxemburg und Frankreich. Die Erfahrungen deutscher Datenschutzaufsichtsbehörden belegten, dass das Prinzip der betrieblichen Selbstkontrolle gut funktioniere. Positiv hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang, dass den Datenschutzbeauftragten in Deutschland geeignete Fachliteratur sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Schließlich wird festgestellt, dass der Datenschutzbeauftragte nach allgemeiner Meinung die Schlüsselrolle bei der „Success Story“ des Datenschutzes in Deutschland gespielt habe. Mit dem Datenschutzbeauftragten sei ein neuer Beruf mit eigener Ausbildung geschaffen worden. Kongresse, Seminare und andere Veranstaltungen böten inzwischen wichtige Plattformen für den Erfahrungsaustausch. Die Art. 29-Gruppe führt abschließend aus, dass die Stärke der deutschen Datenschutz-Community nicht zuletzt durch die Resonanz auf die Konsultation der EU-Kommission zur Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie belegt sei; danach stammten nahezu 50 % aller Antworten von deutschen Unternehmen oder Einzelpersonen.

• Schweden
In Schweden kann ein Datenschutzbeauftragter (Personal Data Representative) freiwillig bestellt werden. Erfolgt eine Bestellung, so soll diese gegenüber der schwedischen Datenschutzaufsichtsbehörde (Data Inspection Board) angezeigt werden. Wenn dem Data Inspection Board ein Datenschutzbeauftragter benannt worden ist, entfällt die Meldepflicht. In diesen Fällen hat allerdings der Datenschutzbeauftragte ein ordnungsgemäßes Verfahrensverzeichnis zu führen. Das schwedische Data Inspection Board bietet Seminare und andere praxisorientierte Ausbildungsmöglichkeiten für bestellte Datenschutzbeauftragte an. Ein als Rechtsanwalt zugelassenes Mitglied des Data Inspection Board fungiert als spezialisierter Ansprechpartner für die Datenschutzbeauftragten.
Ende 2003 waren dem Data Inspection Board von 5.324 verantwortlichen Stellen Datenschutzbeauftragte benannt worden. Die Anzahl der „Personal Data Representatives“ betrug zu diesem Zeitpunkt 3.133 (ein Datenschutzbeauftragter kann mehrere verantwortliche Stellen repräsentieren). Die Erfahrungen des schwedischen Data Inspection Board spiegeln nach den Ausführungen der Art. 29-Gruppe eine Verbesserung des Datenschutzniveaus in den Organisationen wider. Dem entsprechend hat die schwedische Aufsichtsbehörde bekundet, dass das Prinzip der betrieblichen Selbstkontrolle auch in Schweden gut funktioniert.

• Niederlande
In den Niederlanden besteht ebenfalls die Möglichkeit, nicht aber die Pflicht zur Bestellung betrieblicher Datenschutzbeauftragter (Privacy Officers). Im Fall der Bestellung kann die Meldung an den Datenschutzbeauftragten erfolgen. Die niederländische Datenschutzaufsichtsbehörde (College Bescherming Persoonsgegevens) hat ein intranetgeeignetes Meldeverfahren für Datenschutzbeauftragte entwickelt. Nach dem Bericht der Art. 29-Gruppe sind derzeit ca. 165 Datenschutzbeauftragte bestellt. Die niederländische Aufsichtsbehörde geht davon aus, dass sich diese Anzahl erhöhen wird. Die Datenschutzbeauftragten sind in allen Geschäftszweigen und vornehmlich in größeren und mittelgroßen Unternehmen tätig (z.B. Banken, Versicherungen, Handelsunternehmen, Finanzdienstleister, Schulen, Krankenhäuser, Gemeinden, Ministerien und sonstige).
Die niederländische Aufsichtsbehörde führt eine aktuelle Liste der registrierten Datenschutzbeauftragten und fördert den Erfahrungsaustausch. Dort, wo das Prinzip der betrieblichen Selbstkontrolle durch Datenschutzbeauftragte funktioniert, übt sich die Aufsichtsbehörde in Zurückhaltung.

• Frankreich
Das neue französische Datenschutzgesetz sieht nach den Ausführungen der Art. 29-Gruppe ebenfalls eine Ausnahme von der Meldepflicht im Fall der Bestellung eines unabhängigen internen Datenschutzbeauftragten (Correspondant à la Protection des Données) vor (vgl. GDD-Mitteilungen 5/2004, S. 1). Die neue Gesetzgebung soll insbesondere die Kooperation zwischen der französischen Aufsichtsbehörde (CNIL) und den verantwortlichen Unternehmen verbessern.

• Luxemburg
Auch das luxemburgische Datenschutzgesetz sieht eine Ausnahme von der Meldepflicht für verantwortliche Stellen vor, die einen Datenschutzbeauftragten (Data Protection Delegate/Officer) bestellen. Derzeit kann der Datenschutzbeauftragte allerdings nicht zugleich Beschäftigter des Unternehmens sein. Er muss mithin Dritter (z.B. Rechtsanwalt, IT-Berater, Auditor) sein.
Nach dem aktuellen Arbeitspapier der Art. 29-Gruppe wird z. Zt. allerdings die Möglichkeit der Bestellung eigener Beschäftigter diskutiert. Sollte sich dieser Vorschlag durchsetzen, würde eine Gesetzesänderung notwendig. Der Datenschutzbeauftragte führt ein Verfahrensverzeichnis und leitet der Datenschutzaufsichtsbehörde eine Kopie dieses Verzeichnisses zu.

• Empfehlung der Art. 29-Gruppe
Die Datenschutzgruppe weist daraufhin, dass auch andere Mitgliedstaaten Datenschutzbeauftragte in ihren Datenschutzgesetzen regeln (z.B. Polen, Slowakei), allerdings sei deren Rechtsstellung nicht mit einer Ausnahme von der Meldepflicht gegenüber der staatlichen Aufsichtsbehörde verbunden.
Mit dem WP 106 hat die Art. 29-Gruppe den ersten Bericht der EU-Kommission über die Durchführung der Datenschutzrichtlinie - KOM (2003) 265 endgültig - aufgegriffen, wonach die Meldeanforderungen zu harmonisieren und zu vereinfachen sind.
In diesem Zusammenhang war die Rolle des Datenschutzbeauftragten in der Europäischen Union von besonderer Bedeutung. Abschließend stellt die Datenschutzgruppe nach Art. 29 im Rahmen ihrer Empfehlungen zum Einsatz von Datenschutzbeauftragten sinngemäß Folgendes fest:
In Anbetracht der positiven Erfahrungen in den Mitgliedstaaten, in denen Datenschutzbeauftragte eingeführt worden sind bzw. traditionell vorhanden waren, wäre eine breitere Anwendung des Prinzips der betrieblichen Selbstkontrolle durch Datenschutzbeauftragte als Ausnahme von der Meldepflicht nützlich. Dies gelte jedenfalls für bestimmte Wirtschaftssektoren und/oder für größere Organisationen, einschließlich solcher des öffentlichen Bereichs. Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, dass der Einsatz von Datenschutzbeauftragten die gesetzlichen Befugnisse der Datenschutzaufsichtsbehörden - insbesondere auch am Fall der Vorabkontrolle - unberührt lasse. Gerade die Vorabkontrolle sei ein wesentlicher Bestandteil der Vereinfachung und helfe der Aufsichtsbehörde dabei, sich auf bestimmte Verarbeitungsprozesse bzw. Sektoren zu konzentrieren, die für die Privatsphäre von Individuen von besonderer Bedeutung seien. Wenn man die Möglichkeit erwäge, den Datenschutzbeauftragten allgemein zu etablieren, d.h. insofern von administrativer zu interner Aufsicht überzugehen, müsse man sowohl die bisher in den Mitgliedstaaten gesammelten Erfahrungen als auch die in den einzelnen Ländern geltenden Gesetze und deren Rechtskultur insgesamt berücksichtigen.