Die verabschiedeten und geplanten Sicherheitsgesetze, insbesondere die Vorratsspeicherung und der Online-Zugriff, stellen massive Eingriffe in die grundrechtlich verbürgte informationelle Selbstbestimmung dar. Die Frage der Verhältnismäßigkeit derartiger Eingriffe bildete einen Schwerpunkt der 31. Datenschutzfachtagung (DAFTA) der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD), die vom 15.-16. November 2007 in Köln stattfand.
Der Vorstandsvorsitzende der GDD, Prof. Peter Gola, stellte bei der Eröffnung der größten Fachkonferenz zum Datenschutz in Deutschland fest, dass die schnelle Entwicklung der Informationstechnik auch zu ihrer zunehmenden Nutzung bei strafrechtlichem Verhalten führt. Dabei gehe es nicht nur um die immer wieder beschworene terroristische Gefahr. Niemand, so Gola, wolle in Frage stellen, dass der Staat ausgerüstet sein müsse, den Bürger angemessen zu schützen. Dazu benötige man im Fall von kriminellem Handeln auch personenbezogene Daten bzw. technische und rechtliche Zugriffsmöglichkeiten. Entscheidend sei daher nicht die Frage des „Ob“ sondern das „Wie“ der Eingriffe, d.h. die Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Überwachungsbefugnisse. Gleiches gelte aber auch für den Schutz der Bürger vor Begehrlichkeiten der Wirtschaft. Die immer noch weitgehend hinter dem Rücken des Einzelnen stattfindende Beobachtung bzw. Einschätzung des Konsumverhaltens und damit seiner Persönlichkeit ist, so Gola, auf das Angemessene zurückzuführen. Bei alledem gelte es, das Gesamtmaß der Überwachung durch Staat und Private im Auge zu halten. Viele einzelne, durchaus begründbare, Überwachungs-und Auswertungssysteme führten in ihrem Ganzen zu einem zwar mit guten Absichten gepflasterten aber gleichwohl in die Unfreiheit führenden Weg.
Mit Blick auf die zunehmende staatliche und private Datenverarbeitung forderte die Richterin am Bundesverfassungsgericht, Christine Hohmann-Dennhardt, der Privatheit in der Informationsgesellschaft ausreichenden, von Rechtfertigungsdruck freien und klar umgrenzten Raum zu bewahren. Immerhin sei der Mensch nicht auf die Summe seiner Daten zu beschränken. Allerdings hänge effektiver Datenschutz auch vom Datenschutzbewusstsein des Einzelnen sowie seiner Bereitschaft zum Selbstschutz ab.
Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, bestätigte, dass die Polizei neben neuen rechtlichen Werkzeugen vor allem personelle Ressourcen benötige, um nach wie vor vorhandene Sicherheitslücken zu schließen, um somit dem Terrorismus, aber auch international agierenden Schwerkriminellen wirksam begegnen zu können. Letztlich sei es aber Aufgabe der Gesellschaft zu entscheiden, welches Maß an Sicherheit sie zu welchem Preis akzeptieren wolle.
Dr. Claus Ulmer, Konzernbeauftragter für den Datenschutz, stellte in Frage, ob die staatlichen Sicherheits-und Kontrollgesetze überhaupt geeignet sind, einen nennenswerten Sicherheitsgewinn zu erreichen. Zu Bedenken sei auch, dass die Bürger und damit auch die Telekommunikationskunden durch das derzeitige staatliche Handeln verunsichert würden. Dies sei auch insofern kontraproduktiv, als neue zukunftweisende Geschäftsmodelle der Telekommunikationsanbieter gerade auf dem notwendigen Kundenvertrauen aufbauen müssten.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, richtete den Appell an die versammelten Datenschutzverantwortlichen aus Wirtschaft und Verwaltung, die Freiheiten zu verteidigen, anstatt sie durch immer mehr Überwachungstechniken einzuschränken.
Der ehemalige Bundesminister des Innern, Gerhart Baum, sieht durch die verabschiedeten und geplanten Sicherheitsgesetze die Grenzen der Verfassung deutlich überschritten. Wenn die freiheitsbeschränkenden Gesetze mit Unwissenheit und Gleichgültigkeit in der Bevölkerung zusammen kämen, sei der Kampf um die Wahrung der Freiheitsrechte verloren. Denn das Wichtigste, was wir zu verteidigen haben, so Baum, ist die Freiheit.