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Die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD) hat
erneut darauf hingewiesen, dass Telekommunikations- und
Internet-Provider nicht verpflichtet werden dürfen, Daten Ihrer Kunden
ohne konkreten Anlass flächendeckend auf Vorrat zu speichern.
Hintergrund der Stellungnahme des mitgliederstärksten
Datenschutzverbandes Deutschlands ist ein Beschlussvorschlag an den Rat
der Europäischen Union, nach dem personenbezogene Daten, die bei der
elektronischen Kommunikation bzw. beim Surfen im Internet anfallen, in
jedem EU-Mitgliedstaat von den Providern mindestens 12 und höchstens 36
Monate lang auf Vorrat gespeichert werden sollen. Ziel des Vorschlages
ist die Verbesserung der grenzüberschreitenden justiziellen
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zur Bekämpfung von
Straftaten, insbesondere der organisierten Kriminalität und des
Terrorismus.
Die GDD unterstützt grundsätzlich das Streben nach sachgerechten
Lösungen zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung, hält aber eine derart
undifferenzierte Regelung wie die vorgeschlagene, insbesondere vor dem
Hintergrund der Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
der Nutzer und des Fernmeldegeheimnisses, für verfassungsrechtlich mehr
als bedenklich. Aus guten Gründen habe man einen ähnlichen
Regelungsansatz jüngst im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für ein
neues Telekommunikationsgesetz (TKG) verworfen. Angesichts der
aktuellen Initiative auf EU-Ebene droht dieses - auf demokratischem
Wege gefundene - Ergebnis in Gefahr zu geraten.
Eine anlassunabhängige, flächendeckende Vorratsspeicherung wäre nach
Auffassung der GDD sowohl unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes als
auch mit Blick auf die damit einhergehende nachhaltige Belastung der
Wirtschaft unverhältnismäßig und damit verfassungsrechtlich und
ökonomisch nicht zu rechtfertigen.
Zweifel bestehen alleine schon an der Geeignetheit derartiger
Maßnahmen. Bei dem zu speichernden Ausmaß an Datenvolumen, insbesondere
im Bereich des Internets, ist vor allem zweifelhaft, ob eine
zielführende Auswertung der Daten überhaupt möglich ist. Darüber hinaus
können Teilnehmer aus dem Umfeld der organisierten Kriminalität und des
Terrorismus die Erfassung ihrer Daten wirkungsvoll verhindern.
Wechselnde Strohmänner oder wechselnd eingesetzte Mobiltelefone von
unterschiedlichen ausländischen Mobilfunkanbietern seien hierfür
Beispiele. Auch die technische Abänderbarkeit von IP-Adressen kann die
Zuordnung von „Nutzungsdaten“ zu bestimmten Personen erschweren. Die
Einführung der vorgeschlagenen Mindestspeicherfristen würde eine
flächendeckende Vorhaltung der Kommunikationsdaten von Bürgern
bedeuten, die nach Ansicht der GDD einem unangemessenen
Überwachungsdruck ausgesetzt und zudem unter Pauschalverdacht gestellt
würden. Die Kommunikationsdaten würden schlichtweg ins Blaue hinein und
nicht wie aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten anlassbezogen
gesammelt.
Neben den datenschutzrechtlichen Aspekten weist der Verband auch
darauf hin, dass durch eine Pflicht zur Vorratsspeicherung bei den TK-
und Internet-Providern ein unangemessener Investitionsaufwand entstehen
würde. Deshalb und wegen des zu erwartenden Vertrauensverlustes bei den
Nutzern wäre nicht nur diesen sondern auch der Entwicklung dieser
wichtigen Wachstumsbranchen der Informationsgesellschaft wohl ein
Bärendienst erwiesen.
Inzwischen hat die Europäische Kommission eine Konsultation zur
Vorratsdatenspeicherung (Consultation on Traffic Data Retention)
durchgeführt; die hierbei eingebrachte GDD-Stellungnahme ist
wiedergegeben in den GDD-Mitteilungen 5/2004, S. 2ff.