Startseite

Schutzlücke im Datenschutz gefüllt

 

Nach Einschätzung der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V. (GDD) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur sog. Online-Durchsuchung (Az. 1 BvR 370/07, 1 BvR 595/07) den Datenschutz in einem wichtigen Bereich gestärkt und gleichzeitig Maßstäbe für künftige gerichtliche und gesetzgeberische Entscheidungen gesetzt.

 

Nach Auffassung der GDD hat die digitale Welt die Entwicklung des Grundrechts auf „Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ zum Schutze der Nutzer notwendig gemacht. Darüber hinaus hatte die GDD schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass der geplante „Bundestrojaner“ nicht nur Persönlichkeitsrechte, sondern auch die Unternehmenssicherheit bedroht. Insofern hält der Verband es für wichtig, dass nunmehr auch das Bundesverfassungsgericht das Schadenspotenzial eines heimlichen Zugriffs auf IT-Systeme betont hat.

 

Die Entscheidung dürfte im Übrigen nicht nur im Hinblick auf zukünftige gesetzgeberische Aktivitäten, sondern auch hinsichtlich der von der GDD als verfassungswidrig eingestuften gesetzlichen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung relevant sein. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht die Intensität derartiger Grundrechtseingriffe betont. Eine staatliche Datenerhebung aus komplexen informationstechnischen Systemen weist ein beträchtliches Potenzial für die Ausforschung der Persönlichkeit des Betroffenen auf. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Erhebung von Kommunikationsdaten der Nutzer moderner IuK-Technologien einen Grundrechtseingriff mit erheblicher Streubreite darstellt. Aus gutem Grund hat auch der Deutsche Bundestag (BT-Drs. 16/545, S. 3) hinsichtlich der Vorratsdatenspeicherung bereits festgestellt, dass Grundrechtseingriffe, von denen zahlreiche Personen betroffen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Tatvorwurf stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, besonders schwerwiegend sind und deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedürfen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat nunmehr im Fall der Online-Durchsuchung - nicht zuletzt mit Blick auf eine möglichst unbefangene Individualkommunikation - entsprechend hohe Anforderungen an staatliche Datenerhebungen aus komplexen IT-Systemen gestellt, indem es folgende Aussage getroffen hat:

 

„Der Grundrechtseingriff, der in dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System liegt, entspricht im Rahmen einer präventiven Zielsetzung angesichts seiner Intensität nur dann dem Gebot der Angemessenheit, wenn bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen.“

 

Eingriffsvoraussetzung ist mithin eine konkrete existenzielle Bedrohungslage. Überragend wichtige Rechtsgüter sind nach der Entscheidung Leib, Leben und Freiheit der Person sowie solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.

 

Vor diesem Hintergrund wird nun mit Spannung auf das bevorstehende Verfahren zur Vorratsdatenspeicherung geblickt werden. Das u.a. auf dem Prüfstand stehende Telekommunikationsgesetz (TKG) lässt die präventive Verwendung der von den Providern auf Vorrat zu speichernden Kommunikationsdaten allgemein zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu. Überdies dürfen die Daten nach dem TKG bzw. der Strafprozessordnung (StPO) - anders als nach Maßgabe der zu Grunde liegenden EU-Richtlinie (2006/24/EG) - bereits zur Verfolgung von Straftaten verwendet werden, die unterhalb der Schwelle einer schweren Tat liegen.