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- GDD-Pressemitteilung -
Als eine Lösung, die dem Betroffenen einen wirksamen Schutz vor
Diskriminierung biete, ohne zugleich den privaten Wirtschaftsverkehr
mit bürokratischen Regeln zu überziehen, begrüßte die
Bundesjustizministerin Zypries den Entwurf für ein
Antidiskriminierungsgesetz bei dessen Vorstellung Ende vergangenen
Jahres. Letzteres dürfte sich allerdings als gravierender Trugschluss
erweisen. Insbesondere die Regelungen des geplanten
Antidiskriminierungsgesetzes über die Beweislastverteilung führen im
Falle ihrer Umsetzung zu einer nicht zu akzeptierenden
Vorratsdatenspeicherung mit einem immensen Verwaltungs- und
Kostenaufwand auf Seiten der Unternehmen.
Die Regelungen des geplanten Antidiskriminierungsgesetzes zerfallen in
zwei große Blöcke, den arbeitsrechtlichen Teil und den zivilrechtlichen
Teil. Für beide Bereiche ist zu Gunsten desjenigen, der Rechte aus
einer behaupteten Diskriminierung herleiten will, eine
Beweiserleichterung vorgesehen. Entgegen der üblichen Beweisverteilung
muss der (vermeintlich) Diskriminierte nicht vollumfänglich beweisen,
dass er diskriminiert wurde. Vielmehr genügt es, dass die betroffene
Person im Streitfall Tatsachen glaubhaft macht, die einen Verstoß gegen
das Antidiskriminierungsgesetz vermuten lassen. Danach ist es
Angelegenheit des Arbeitgebers bzw. Unternehmers, sich im Hinblick auf
die behauptete ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu entlasten.
Beispiel: Glaubt ein Mietinteressent bei der Vergabe einer Wohnung im
Hinblick auf seine ethnische Herkunft benachteiligt worden zu sein, so
kann es genügen, dass er darlegen kann, dass, obwohl in der betroffenen
Wohngegend traditionell sehr viele verschiedene ethnische Gruppen
leben, in dem betroffenen Mietshaus keine einzige Partei mit fremder
ethnischer Herkunft wohnt. Sodann ist die Vermietungsgesellschaft
gefordert, zu beweisen, dass sie den Mietinteressenten nicht wegen
seiner ethnischen Herkunft diskriminiert hat. Niederlagen in derartigen
Verfahren sind für das betroffene Unternehmen letztlich nur dadurch zu
vermeiden, dass detaillierte Unterlagen über die entsprechenden
Auswahlverfahren geführt werden. Bei jedem nicht zu Stande gekommenen
Rechtsgeschäft muss niedergelegt werden, warum es gerade mit diesem
Geschäftspartner nicht abgeschlossen wurde. Damit wird für die
Unternehmen ein Verwaltungsaufwand geschaffen, der die Forderungen der
Politiker nach Entbürokratisierung und Deregulierung zur bloßen Farce
werden lässt. Die GDD weist darauf hin, dass neben der immensen
Belastung durch die geplante Beweislastverteilung gegen eine derartige
Regelung auch datenschutzrechtliche Bedenken bestehen. Die geplante
Regelung führt zu einer Erhebung ungeahnter Datenberge, was umso
gravierender ist, als dass bei Erhebung der Daten völlig unklar ist, ob
auf die betroffenen Informationen tatsächlich einmal zurückgegriffen
werden wird. Die darin liegende Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen
die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Datenvermeidung und der
Datensparsamkeit.
Die Verantwortung für die geplante Regelung trifft allerdings nicht
alleine die Bundesregierung. Mit dem Antidiskriminierungsgesetz werden
mehrere europäische Richtlinien umgesetzt, die sich mit der Frage der
Gleichbehandlung im Zivil- bzw. Arbeitsrecht beschäftigen. Diese
Richtlinien fordern von den Mitgliedstaaten, und damit auch von
Deutschland, dass in den jeweiligen nationalen
Antidiskriminierungsregelungen entsprechende Regelungen zur
Beweislastumkehr vorgesehen werden. Bedeutsam ist allerdings, dass die
Bundesregierung mit dem geplanten Gesetz nicht alleine die Vorgaben der
EU umsetzt. Der Gesetzesentwurf geht vielmehr weit über die Vorgaben
der Richtlinien hinaus. Während die Richtlinien für den
zivilrechtlichen Bereich eine Gleichbehandlung lediglich in Bezug auf
Rasse und ethnische Herkunft sowie in Bezug auf das Geschlecht fordern
(die Gleichbehandlung im Hinblick auf das Geschlecht muss durch die
Mitgliedstaaten allerdings erst bis 2008 umgesetzt werden),
differenziert der Entwurf des deutschen Antidiskriminierungsgesetzes
insoweit grundsätzlich nicht zwischen dem arbeitsrechtlichen und dem
zivilrechtlichen Teil, sondern verbietet für beide Bereiche
Diskriminierungen aus Gründen der Rasse/ethnischen Herkunft, des
Geschlechts, der Religion/Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters
oder der sexuellen Identität. Sie legt damit für beide Teile den
Maßstab zu Grunde, der EU-seitig lediglich für den arbeitsrechtlichen
Teil vorgesehen wurde.
Die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung (GDD) e.V. fordert
die Bundesregierung auf, bei der Schaffung des
Antidiskriminierungsgesetzes auch aus Gründen des verfassungsrechtlich
garantierten Datenschutzes nicht über das Ziel hinauszuschießen,
sondern sich auf die zwingenden europarechtlichen Vorgaben zu
konzentrieren. Im Hinblick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage und
der mit der Beweislastumkehr für die Wirtschaft einhergehenden
Kostenbelastung verbiete es sich, im Rahmen des geplanten Gesetzes
Regelungen zu treffen, die über die europarechtlichen Vorgaben
hinausgehen. Im Übrigen sei bisher nicht nachgewiesen, dass überhaupt
Handlungsbedarf für ein privatrechtliches Diskriminierungsverbot
bestehe.